Weser-Ems-Imker laden ein

Eine Vortragsreihe über Varroasensitive Hygiene

Unter diesem Motto stand die Vertetertagung der Weser-Ems-Imker, die für drei Vorträge um 11 Uhr unterbrochen und erst danach fortgeführt wurde. Mit Paul Jungels, Peter Spieker und Friedrich-Karl Thiesler waren drei Fachleute mit profundem Wissen aufgeboten, deren Vorträgen man jedoch auch anmerkte, dass hier ebenso die praktische Erfahrung langjähriger Imker zugrunde liegt.

 

Paul Jungels, Imker aus Luxemburg stellte zunächst seine Imkerei und Dadant Betriebsweise mit angepaßtem Brutraum vor. Er züchtet seit langem Buckfast Bienen, vermeidet bei der Jungvölkerbildung das Schröpfen von Ertragsvölkern und läßt die Königinnen nie im Brutschrank schlüpfen, sondern immer im Volk. Nachzuchtwürdige Königinnen werden bestimmt, indem im betreffenden Volk mittels flüssigem Stickstoff Drohnen auf dem Drohnenrahmen durch Kälte abgetötet werden. Nach sechs und zwölf Stunden wird die Anzahl der ausgeräumten Zellen bestimmt. Ist sie hoch, wird aus diesem Volk Zuchtmaterial gewonnen.
Sein Tip am Rande: geraten Völker in Schwarmstimmung, kann dies ausgenutzt werden, indem die Weiselzellen gebrochen und nach dem Umlarven Weiselnäpfchen in einem Zuchtrahmen in den Honigraum über das Absperrgitter gegeben werden.

Die Varroa sensitive Hygiene muß von beiden, Vater und Mutter an die Kinder vererbt werden. Um nun Königinnen züchten zu können, die alle diese Erbmerkmale haben, wird eine Königin mit dem Sperma nur eines Drohns künstlich besamt. So kann man sicher sein, dass alle Nachkommen die Erbinformation desselben Vaters tragen. Und wenn dieser, wie auch die Mutter aus einem VSH Volk stammt, haben die Töchter es mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls. Die Ausprägung des VSH Verhaltens wird geprüft, indem die Testvölker mit einer bestimmten Menge von Milben infiziert werden. Es sind bereits Völker gezüchtet worden, die sämtliche Varoamilben ausräumten. Diese Versuche beteibt Paul Jungels in Luxemburg mit drei Buckfast und zwei Carnica Züchtergruppen. Ein wesentliches Anliegen ist ihm jedoch, dass eine Inzucht vermieden wird. Deshalb apelliert er an alle Imker, Auslese in den eigenen Völkern zu betreiben und so die genetische Vielfalt zu erhalten. Das Ziel, Bienen zu züchten, die sich aktiv gegen die Varroamilbe wehren ist bereits erreicht. Nun muß eine breite Basis an solchen Königinnen mit großer genetischer Vielfalt erlangt werden.

 

Peter Spieker, Zuchtkoordinator der Gemeinschaft der europäischen Buckfastzüchter, berichtete von der Teilnahme und den Ergebnissen eines ehrgeizigen Projektes der Bayrischen Buckfastzüchter. Maßgeblich Josef Koller war es, der bereits seit langem bei der Nachzucht aus seinen Völkern auf eine ausgeprägte Varroa sensitive Hygiene achtete. Zusammen mit weiteren Buckfastimkern wurde zunächst eine Besamungsaktion geplant und durchgeführt, bei der Drohnen und Königinnen VSH aktiver Völker verwendet wurden. Es konnte eine Königin gefunden werden, deren Volk 100% der befallenen Zellen ausräumten. Weitere Königinnen brachten Völker hervor, die 87,5% oder 75 Prozent der Zellen mit Milben öffneten und leer räumten. Auch dies sind sehr gute Ergebnisse. In einem zweiten Durchgang wurden wiederum Drohnen aus VSH aktiven Völkern für eine Besamungsaktion der Königstöchter der "100%-Königin" verwendet. Alle Töchter bauten 100% VSH aktive Völker auf. Ein gewaltiger Erfolg. Für 2017 ist ein Belegstellendurchgang geplant, der zeigen soll, ob es praktikablere Wege der Verbreitung VSH aktiver Völker gibt, als den der künstliche Besamung.

 

Friedrich-Karl Tiesler, Carnicazüchter, Zuchtbeirat beim Deutschen Imkerbund, Zuchtobmann des Landesverbandes der Imker Weser-Ems, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht (AGT)

referierte als Verteter der AGT. In einer kurzen Darstellung des Profils der AGT, in der Zucht und Prüfbetriebe sowie Fremdprüfungen und eine gute Vernetzung für eine größtmögliche Objektivität der Ergebnisse sorgen, wurden auch die Kriterien der Auslese der Völker erläutert: niedrige Milbenzahl in der Gemülldiagnose und in drei Proben auch auf Bienen ansitzender Milben, Ausräumen von im Nadeltest geöffneter Zellen, Vitalitätstests unbehandelter Völker, Winterfestigkeit unbehandelter Völker. Nach diesen Kriterien werden sogenannte Zuchtwerte von Völkern ermittelt, anhand derer sich nachzuchtwürdige Königinnen erkennen lassen. Auch bei der AGT wird mittels Eindrohnenbesamung VSH aktiver Königinnen versucht, einheitliche Völker zu erlangen, in denen VSH weitervererbt wurde. Erfolge ließen sich bereits erzielen, nun steht die Prüfung der nächsten Generationen unter Praxisbedingungen an. Für 2018 ist eine Belegstelle auf Norderney geplant, auf der VSH aktive Königinnen von ebensolchen Drohnen begattet werden sollen.

Ein ganz anderer Ansatz ist die Gentechnik. Mit ihrer Hilfe sollen Genmarker gefunden werden, die eine Varroaresistenz anzeigen, mit deren Hilfe eine präzisere Zuchtwertschätzung erfolgen soll und Verwandtschaftsgrade zwischen Königinnen erkannt werden sollen, um Inzucht zu vermeiden. Auch die Bestimmung der Rasse wäre dann auf objektive Kriterien gestellt.

Nun steht die Übertragung der Zuchtfortschritte auf die Landesbienenzucht und letztlich auf die einzelnen Imker als Ziel in greifbarer Zukunft an.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, wir haben schon einen sehr großen Teil des Weges zurückgelegt, wenn alle mitkommen, sind wir bald am Ziel.

 

Es berichtete: M. Hackbart